Dieser Beruf muss auch Berufung sein

Im Interview mit Jugendredakteur Alex Possin

Das kann ich für mich bestätigen und daher macht es mir auch großen Spaß, das sagt die Landtagsabgeordnete Kristy Augustin, als ich sie fragte ob ihr der Job als Abgeordnete Spaß macht.

Denn jeder sollte wissen, dass man als Landtagsabgeordnete nicht nur im Landtag sitzt. Wer diesen Job ernst nimmt, hat keine festen Arbeitszeiten und ist irgendwie immer im Dienst, hat aber große Freude dabei sagt sie. Vor allem die vielen Begegnungen mit Menschen geben mir den größten Spaßfaktor, die meiste Freude und daraus ziehe ich den größten Dank für meine Arbeit.

Doch ist der Beruf eigentlich stressig?

Stressig wird es, wenn viele Termine zusammenkommen, teilweise zeitgleich stattfinden und man der eigenen Arbeit nachläuft. Ich habe aber in meinem ersten Jahr im Landtag gelernt, dass ich auch mal NEIN sagen muss, so Frau Augustin. Für mich gehört aber auch der Stress dazu. Ich brauche dies, um meine eigenen Potenziale auszuschöpfen.

Was macht man eigentlich in diesem Beruf?

Als Landtagsabgeordnete, Teil der Legislative in Brandenburg, sind wir für die Gesetzgebung verantwortlich. So erst einmal ganz theoretisch die Hauptaufgabe der Parlamentarier. Im Alltag heißt das Ohren und Augen auf für die Probleme und Belange der Bürger. Man kann nicht alles wissen und lösen, aber es sollte versucht werden, das Beste zu geben. Im Wahlkreis, also dem Gebiet, in dem man gewählt bzw. zuständig ist, heißt es alle Themen zu betreuen und die regionalen Themen in den Landtag in Potsdam einbringen. Thematisch hat jeder Parlamentarier zudem eine konkrete Funktion übernommen. Ich kümmere mich um Familienpolitik, Jugend, Frauenpolitik, Menschen mit Behinderung. Zu den Themen bin ich auch zu Gast bei Verbänden und Einrichtungen in ganz Brandenburg, spreche über die aktuelle Gesetzeslage und was eventuell verbessert / geändert werden muss erklärte mir Frau Augustin. Als Abgeordnete im Oderbruch bin ich sehr stolz darauf, eine der sehr ländlichen Regionen vertreten zu dürfen. Brandenburg und selbst MOL ist sehr unterschiedlich geprägt vom Berlinnahen Raum und der Grenzregion. Dass die Interessen des geringen Teils der Bevölkerung, gerade unsere Probleme hier im Oderbruch nicht vergessen werden, ist mir sehr wichtig. Durch die Aufgaben im Wahlkreis, im Landtag und bei Terminen in Brandenburg, ist der Job sehr abwechslungsreich. Ich erinnere mich gern an einen Tag im vergangenen Jahr, da war ich den ganzen Vormittag für insgesamt 5 Stunden in der JVA Brandenburg an der Havel. Als Mitglied im Petitionsausschuss bin ich die zuständige Berichterstatterin für Schreiben aus dem Justizvollzugsbereich. In der JVA habe ich „meine“ Petenten besucht, ein Gespräch mit der Leiterin geführt und alle Bereiche angeschaut, auch eine Essenverkostung, weil es darüber Beschwerden gab, war dabei. Am frühen Abend dann stand ein Termin zum Thema Medienpolitik auf der Berlinale an. Morgens hinter Gittern, abends auf dem roten Teppich bei der Berlinale, erzählt sie. Das war ein Beispiel der Abwechslung. Das sind natürlich die Ausnahmen. Bei den Terminen im Wahlkreis wird es auch schon abwechslungsreich, aber nicht in diesen Dimensionen. Gerade im Wahlkreis und Brandenburg lerne ich dabei aber auch immer wieder Orte und Institutionen kennen, die ich vorher nicht kannte oder nicht geahnt hätte, was dort für großartige Projekte laufen. Es macht mich jedes Mal mehr stolz, wenn ich neue Projekte kennenlernen darf. MOL und Brandenburg haben so viel mehr zu bieten, als manch einer denken mag berichtet sie mir.

Doch wie sieht ein Tag als Landtagsabgeordnete aus?

Die Woche kann ich nie vorhersagen. Im Groben sieht es aber so aus: Montagvormittag steht Bürobesprechung an, die Woche wird durchgesprochen. Danach je nachdem Sprechstunde im Büro oder Termine im Wahlkreis. Dienstag ist der Potsdamtag: Arbeitskreissitzung in meiner Fraktion um 10.00 Uhr, danach Fraktionssitzung, alle drei bis vier Wochen steht dienstags auch der Petitionsausschuss an. Ansonsten sind es Termine und Gespräche mit den Kollegen der Fraktion, die im Focus stehen. Der Mittwoch ist einmal im Monat Plenarsitzungstag und einmal im Monat der Tag des Sozialausschusses. Ansonsten sind auch hier Termine im Wahlkreis, manchmal Fachtagungen im Kalender. Donnerstag ebenfalls einmal monatlich Plenarsitzungestag, und ist monatlich der Bildungsausschuss angesetzt. Der geht meist sehr lang. Freitag, wenn nicht Planarsitzungstag ist, wird meist auch dem Wahlkreis gewidmet. Hier bin ich dann auch oft in Strausberg als CDU Kreisvorsitzende. Hierzu kommen in der Woche Abendveranstaltungen, Fachgespräche, thematische Veranstaltungen zu denen ich als Gast oder für Podiumsrunden geladen werde. Innerhalb der CDU gibt es auch viele Abendtermine, die ich besuche. Auch am Wochenende gibt es Termine, ob es Neujahrsempfänge sind oder Kleintierschau. Diese sind aber meist im Wahlkreis. Das schließt auch hin und wieder mal den Sonntag ein sagt sie. Der Kalender ist oft voll, aber die Grenzen zwischen Privattermin und Beruf sind dann auch oft fließend. Wie schon mal gesagt, Politik ist Berufung und daher ist es schwer die Termine als Arbeit zu verstehen. Nur wenn ich die Fahrstunden in Auto und Bahn am Ende der Woche nicht einmal mehr mit 4 Händen zusammenzählen kann, bin ich dann auch dankbar mal einen Tag „Homeoffice“ machen zu können. Laptop auf dem Schoß, die Katze daneben und dann entspannt E-Mails und Briefe bearbeiten.

Wie sind Sie dazu gekommen in den Landtag einzusteigen?

Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaft eher zufällig als Praktikum im Landtag. Das war 2004 und ich war so begeistert von Politik, dass ich dreieinhalb Jahre blieb, erst als Praktikantin, dann Pressereferentin. Insgesamt 10 Jahre habe ich für eine Abgeordnete im Landtag und Bundestag gearbeitet, bis ich 2013 selber antreten wollte und den Sprung in den Landtag zur Wahl 2014 geschafft habe.
Bei den Landtagsabgeordneten kann man auch heute noch Praktika absolvieren, also wer ein sehr abwechslungsreiches Praktikum möchte und sich für Politik interessiert wird dort sehr viel Spaß haben.


Was ist ihr Hobby, wenn noch etwas von Ihrer Freizeit übrig ist, war meine nächste Frage.
Ein Ausgleich zum Beruf sind meine Tiere: ein Pferd, ein Hund und vier Katzen. Das Pferd und der Hund gehören meinem Vater, aber da wir alle auf einem großen ehemaligen Bauerngehöft wohnen, sind es unsere Tiere. Ansonsten spiele ich wann immer es geht Tennis, ich lese, male und zeichne gern, fahre oft auf dem Oder- Neiße Radweg oder gehe mit meinem Hund Gassi.

Eine Frage die mich am Ende auch sehr interessiert hat war, welche sehr bekannten Politiker Frau Augustin schon einmal live gesehen hat:

Die Hand von Helmut Kohl zu schütteln, das war 2004, ist ein Moment, der sich für immer bei mir eingeprägt hat. Das war ein großartiger Moment. Angela Merkel habe ich schon einige Male getroffen. Viele jetzige und frühere Bundesminister wie Ursela von der Leyen oder (damals noch) Ministerpräsidenten wie Roland Koch.