„Tagespflege an der Armutsgrenze?“

Neue Richtlinie zur Kindertagespflege Oder-Spree im Dezember: Kreis lässt Tagesmütter im Unklaren – CDU will Landtag einschalten! Grüne verlangen Stellungnahme vom Landrat.


Bereits zum 1. Dezember soll die neue Richtlinie zur Kinderbetreuung im Landkreis Oder-Spree in Kraft treten. Die Auswirkungen sind jedoch noch absolut unklar. Bei den Tagesmüttern gibt es daher erhebliche Verunsicherung, weil der Kreis sie nicht informiert. Dieses Schweigen kritisierte die Landesvorsitzende des Verbandes der Kindertagespflege Brandenburg Ingrid Pliske-Winter auf einem Fachgespräch zur Kinderbetreuung. Unter dem Titel „Tagespflege an der Armutsgrenze?“ lud am Mittwochabend die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen & Piraten zu  einem Fachgespräch in das Alte Rathaus Fürstenwalde.
Wenn man beim Jugendamt anrufe, bekomme man nur lapidar den Verweis, dass die Richtlinie im Internet stehe. Eigentlich müsse man neue Verträge bekommen. Ob auf Basis der bisherigen Verträge im Dezember noch Kinder betreut werden dürfe, sei nicht klar, berichteten die Tagesmütter.
„Die Kreisverwaltung hat eine Bringschuld und muss die Tagesmütter aktiv über die Neuerungen informieren“, forderte die Vorsitzende der grün-orangenen Fraktion im Kreistag Sabine Niels.  „Der Zustand ist nicht nur für die Tagesmütter sondern auch für die Eltern unhaltbar“, kritisierte die familienpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion Kristy Augustin in Fürstenwalde. Die Familienpolitikerin der Union will nun dazu den Landtag einschalten. „Minister Günter Baaske muss im November-Plenum Stellung beziehen“ sagte Augustin und kündigt eine dementsprechende Anfrage an. Die Grünen wollen im nächsten Kreistag vom Landrat Manfred Zalenga eine Stellungnahme beantragen.
Der Kreistag hatte Ende September in den späten Abendstunden die umstrittene Reform der Kindertagespflege im Landkreis Oder-Spree durchgewunken.  Durch die Kürzung der Sachmittel müssen Tagesmütter in Oder-Spree de facto erhebliche Gehaltseinbußen hinnehmen, weil sie Investitionen vom eigenen Einkommen finanzieren müssen: „Die meisten Tagesmütter können von einem Stundensatz in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nur träumen“, berichtet Pliske-Winter. Tagesmütter gelten auf dem Papier als „Selbstständige“. Da sie aber nur Betreuungsaufträge vom Kreis entgegennehmen dürfen, sind sie quasi nur „Subunternehmer des Jugendamtes“, sagte Pliske-Winter.
Auch sei die Vertretungsregelung völlig inakzeptabel. In Oder-Spree bekommen die Tagesmütter 25 Tage „frei“. In diesen Urlaubstagen oder an Wochenenden müssen sie ihre verpflichtende Weiterbildung machen,  sonst droht eine Absenkung der Vergütung durch den Kreis. Die Kosten bis zu 1500 Euro müssen von den Tagesmüttern selbst übernommen werden. „Wenn man dazu noch krank wird und nicht innerhalb der 25 Tage bleibt, entzieht der Kreis den Betreuungsauftrag“, berichtet Pliske-Winter. Der Landesverband der Kindertagespflege fordert eine dringende Überarbeitung der Richtlinie: „Der Schnellschuss der Verwaltung ist ein Schlag ins Gesicht aller engagierten Tagesmütter“, sagte die Landesvorsitzende.

Richtlinie